Dass Deine Stärken und Vorlieben die Grundlage für Deine Berufswahl sein sollten, ist eigentlich selbstverständlich. Immer wieder begegnet man jedoch auch Vorurteilen, die fest mit dem Geschlecht verknüpft sind: Mädchen können kein Mathe und haben daher auch in technischen Berufen nichts verloren. Jungs sind als Friseur oder in Pflegeberufen nicht zu gebrauchen. Auch beim Studium entscheiden sich junge Frauen viel häufiger für Fächer aus Kultur- oder Sozialwissenschaften, während bei jungen Männern der Fokus eher auf MINT-Fächern wie Mathematik, Naturwissenschaften oder Informatik liegt.
Der Grund hierfür ist jedoch meist viel weniger das Können des Schülers, sondern unterbewusste traditionelle Rollenbilder, die sich seit Jahrzehnten in unseren Köpfen festgesetzt haben. „Leider ist es auch an manchen Schulen bis heute noch so, dass in den Köpfen der Lehrerinnen und Lehrer ein bestimmtes Berufsbild vorherrscht. Sie sind der Meinung, dass Mädchen eher soziale Berufe ergreifen sollten, oder sagen bei Experimenten, etwa in der Chemie: ‚Das machen mal lieber die Jungs‘“, weiß Karla Kebsch, Gleichstellungsbeauftragte an der Technischen Universität Chemnitz.
Eine solche Beurteilung der Leistungen der einzelnen Geschlechter passiert ganz oft unterbewusst und ohne böse Absichten – und ist gleichzeitig absolut veraltet. Und trotzdem: Kinder werden meist von Beginn an mit „klassischen Jungenspielzeugen“ und „typischen Mädchensachen“ konfrontiert – kein Wunder, dass das Unterbewusstsein sich diesen Vorurteilen irgendwann beugt. „Es gibt so viele Mädchen, die in technischen und naturwissenschaftlichen Fächern wirklich fit sind – aber klar, wenn dann immer wieder jemand sagt, ‚das ist nichts für dich‘, dann glaubt man das am Ende irgendwie“, weiß auch Karla Kebsch. Die Diplompädagogin hat an der TU Chemnitz selbst bereits einige Projekte ins Leben gerufen, um junge Frauen für MINT-Berufe zu begeistern, wie etwa das „Girls‘ Tandem“. „Unsere Aufgabe ist es, diese Mädchen an die Hand zu nehmen und ihnen zu zeigen: Es gibt so tolle Berufsfelder im MINT-Bereich und mittlerweile viele Studentinnen, die das studieren und mit viel Enthusiasmus gute Abschlüsse machen und dann auch in spannende Berufsfelder kommen“, resümiert sie.
Obwohl viele Mädchen also durchaus ein Talent für handwerkliche oder technische Berufe besitzen, entscheiden sie sich oft am Ende trotzdem gegen eine solche Ausbildung oder Studium; das Gleiche gilt auch für Jungen. Veranstaltungen wie „Girls‘ Day“ oder „Boys‘ Day“ sollen dem Ganzen entgegenwirken: Jährlich kannst Du hier in verschiedene Berufe hinein schnuppern und siehst so vielleicht, dass es völlig egal ist, welches Geschlecht Du hast, wenn Dich ein bestimmter Job interessiert.
Auch darüber hinaus gilt: Informiere Dich, schaue Dich um und stelle Fragen, wenn Du Dich für etwas interessierst. Besuche Informationstage, probier Dich in Praktika aus und lass Dich vor allen Dingen nicht von irgendwelchen Vorurteilen abschrecken!
Text: Lisa Kühnert