Hebamme werden nur noch mit Studium

Das Berufsbild wird akademisiert - in Sachsen ab Sommer 2021

Es ist einer der verantwortungsvollsten Berufe der Welt und fast jeder hatte mindestens einmal im Leben damit zu tun: Hebammen helfen werdenden Müttern vor und nach, vor allem aber natürlich bei der Geburt von Kindern. Der bisherige Ausbildungsberuf wird jetzt akademisiert – das heißt: in ein Studienfach umgewandelt. Was sich damit alles ändert, hat die Redaktion von „mach was!“ nachgefragt.

 

Warum das Ganze?

Der Weg in den Hebammenberuf ist bundesweit einheitlich geregelt. Bisher wurden Hebammen zumeist an Berufsfachschulen ausgebildet. Die Reform des Berufsbildes macht künftig ein Studium verpflichtend – mit dem Bachelor-Abschluss. Das soll einerseits den gestiegenen fachlichen Anforderungen an den Beruf gerecht werden. Andererseits erhofft sich die Politik auch eine Attraktivitätssteigerung – zuletzt hatte der Hebammenberuf mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Ein weiterer Vorteil der Akademisierung ist die europaweite Anerkennung des Berufsbildes: In vielen Ländern ist Hebamme bereits ein Studienberuf, die deutsche Ausbildung wurde nicht mehr überall automatisch anerkannt, wie der Deutsche Hebammen Verband festgestellt hat:  „Sollten Sie ins europäische Ausland gehen wollen, werden Sie womöglich Auflagen erhalten, bevor Sie dort Ihre Berufstätigkeit aufnehmen können.“ Der Länderwechsel wird für künftige Hochschulabsolventen also einfacher.

 

Was muss man mitbringen?

Die berufsschulische Ausbildung wird seit dem 1. Januar 2020 umgewandelt in ein Bachelorstudium. Das heißt vor allem: Genügte bisher eine zehnjährige Schulbildung, wird künftig für den Hebammenberuf in den meisten Fällen das Abitur oder die Fachhochschulreife notwendig. Ausnahmen soll es geben für Menschen, die bereits eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger, zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder zur Pflegefachkraft absolviert haben. Auch bisher hatten aber die meisten Hebammenschüler*innen bereits die allgemeine oder die fachspezifische Hochschulreife.

 

Wie lange dauert`s?

Die Ausbildung zur Hebamme dauerte drei Jahre, für ein Bachelorstudium werden eher 3,5 Jahre angesetzt. In der bisherigen Ausbildung wurden 1.600 Stunden Theorie und 3.000 Stunden Praxis untergebracht – fürs Studium wird eine Angleichung zwischen Theorie- und Praxiszeit erwartet.

 

Wie ist das Studium organisiert?

Grundsätzlich kann das Hebammenstudium als reguläres Studium oder als duales Studium mit Anbindung an einen Ausbildungsbetrieb erfolgen. „In Sachsen wird das duale Studium mit einem hochschulischen und einem berufspraktischen Studienteil angeboten“, erklärt Falk Lange,  Pressesprecher des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus.

 

Wird jede Hochschule das Hebammenstudium anbieten?

Nein, in Sachsen sind derzeit nur die beiden Universitäten mit Medizinischer Fakultät dafür vorgesehen, das heißt, die Universität Leipzig und die Technische Universität Dresden. Das sorgt vor allem in Südwestsachsen für Kritik: Werden Studierende nach dem Studienabschluss aus den beiden Großstädten nach Chemnitz, Zwickau, Plauen oder in die ländlichen Regionen zurückkehren? Um auch künftig in ganz Sachsen Hebammen-Nachwuchs zu entwickeln, setzen die Hochschulen deshalb auf regionale Ausbildungsbetriebe – sprich: die Kliniken in der Region.

 

Welche Kliniken in der Region machen mit?

Die regionalen Kliniken, die bisher eine Hebammenausbildung angeboten haben, wollen auch künftig mitmachen. Am Helios Vogtland-Klinikum in Plauen sollen zunächst noch Hebammen-Azubis ausgebildet werden, erklärt Karsten Dietel, Leiter Unternehmenskommunikation – dies ermöglicht die Übergangsfrist, die der Bundestag ins neue Hebammenausbildungsgesetz hineingeschrieben hat. Darüber hinaus sei „die Organisation und Gestaltung der Hebammenausbildung ab 2022, wenn diese dann ein Studium wird, in der internen Planungsphase“, so Dietel weiter.

 

Auch am Klinikum Chemnitz plant man fest mit dem dualen Hebammenstudium: „Ab April wird das Studium zur Hebamme in Kooperation mit der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig nach dem neuen Hebammengesetz angeboten“, so Arndt Hellmann, Leiter der Konzernkommunikation des Klinikums Chemnitz. Auch eine Kooperation mit dem Universitätsklinikum Dresden wird angestrebt.

 

Wird das duale Studium vergütet?

Hebammenschüler*innen erhielten bisher eine Ausbildungsvergütung, im Studium ist dies nicht selbstverständlich. Allerdings hilft der für Sachsen geplante Duale Studiengang: „Die Studierenden schließen vor der Zulassung zum Studium mit einer Praxiseinrichtung einen schriftlichen Vertrag zur akademischen Hebammenausbildung. Die Praxiseinrichtung ist verpflichtet, für die Dauer des Vertragsverhältnisses eine angemessene monatliche Vergütung zu zahlen“, erklärt Falk Lange vom Wissenschaftsministerium.

 

Wann geht es los?

Ab dem Sommersemester 2021 soll der Studiengang an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig angeboten werden“, so Ministeriumssprecher Falk Lange. In Dresden soll der Studiengang erstmals im Wintersemester 2021/22 angeboten werden. Künftig sollen Studierende dann immer zum Wintersemester mit dem Studium beginnen.

 

Kann man trotzdem noch eine Ausbildung machen?

Wer mit der Ausbildung begonnen hat, kann diese natürlich noch beenden – bis ins Jahr 2027 hat man dafür (theoretisch) Zeit. Dies gilt unter anderem für die zwei Azubis am Helios Vogtland-Klinikum Plauen oder die 23 Hebammenschüler*innen am Klinikum Chemnitz. Auch in den kommenden Jahren kann man theoretisch noch mit der klassischen Ausbildung zur Hebamme beginnen – wenn man einen entsprechenden Ausbildungsplatz findet. Aktuell gibt es bundesweit noch 60 Hebammenschulen. Noch bis zum 31. Dezember 2022 dürfen sie neue Kurse starten.

 

Der Deutsche Hebammen Verband sieht vor allem die langjährige Routine der schulischen Ausbildung mit ihren etablierten Abläufen als Vorteil gegenüber neu startenden Studiengängen, wo Personal und Lehrinhalte erst aufgebaut werden müssen. Zugleich warnt der Verband aber auch, dass Ausbildungsinhalte an den Schulen nicht unbedingt auf dem neuesten Stand sind und dass es an vielen Schulen keine geregelte Praxisanleitung gibt. Ein Hauptargument, sich fürs Studium zu entscheiden, weist in die Zukunft: Der Hebammenverband erwartet, dass sich künftig das Lohngefüge ändern könnte: Studierte Hebammen dürfen bessere Verdienstmöglichkeiten erwarten.  Das war schließlich einer der Gründe, warum das Berufsbild akademisiert wurde – es sollte (auch) finanziell attraktiver werden.

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