Deutschland inmitten der Corona-Krise: Die Schulen und Kitas schließen, Masken werden beim Einkaufen zur Pflicht, an Sonntagen erklingen von Balkons die Europahymne und Klatschen für jene, die die Folgen der Pandemie im Job am stärksten spüren: neben Einzelhandelsangestellten vor allem Pflegekräfte. Gleichzeitig kursieren Gerüchte: Seit Corona sei kein Freiwilliges Soziales Jahr mehr in der Pflege möglich, Praktika seien abgesagt worden und Ausbildungsverträge aufgehoben. Doch stimmt das? „mach was!“ hat bei sozialen Trägern nachgefragt.
Aktuell wird im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), im Bundesfreiwilligendienst und in der Berufsausbildung ganz normal eingestellt, antworten die Diakonie Sachsen, der Landesverband Sachsen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und das Heinrich-Braun-Klinikum (HBK) Zwickau.
Laut Dorothee Wiedmann, zuständig für den Bereich schulische Ausbildungen bei der Diakonie, müssen Praktika zurzeit nicht durchgeführt werden, dürfen aber, wenn sowohl die Einrichtung als auch die Schüler*innen einverstanden sind. „Zirka 80 Prozent der Praktika fanden statt. In den Pflegeberufen wurde die praktische Ausbildung normal weitergeführt“, so Wiedmann. Bewerbungsgespräche für die Freiwilligendienste werden bei der Diakonie derzeit telefonisch geführt.
Beim DRK haben sich in vergangenen Jahr sogar mehr junge Menschen für einen Freiwilligendienst beworben als in den Jahren davor, sagt Sprecher Kai Kranich. Im Heinrich-Braun-Klinikum gab es zwischenzeitlich eine Pause für freiwillige Praktika und Praktika im Rahmen einer Ausbildung am HBK. Seit Juni sind diese wieder möglich, so Sprecherin Cathleen Schubert. Die Nachfrage ist nach wie vor hoch: Schubert bittet darum, Praktikumsbewerbungen frühzeitig abzuschicken, weil die Plätze begrenzt sind.
Die Einsatzorte für Auszubildende sind die üblichen. „Alle Azubis werden entsprechend ihres Ausbildungsplanes in den praktischen Bereichen eingesetzt. Es gilt, die gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zu erfüllen. Ansonsten ist die Zulassung zur Abschlussprüfung in Gefahr“, so HBK-Sprecherin Schubert. Beim DRK gilt das gleiche für Freiwillige. Bei der Diakonie werden die meisten Freiwilligen ebenfalls normal eingesetzt. Es wird aber abgewogen: „Wird eine bisher ausgeübte Tätigkeit als riskant eingeschätzt, wird das Tätigkeitsfeld entsprechend angepasst“, sagt Susanne Wolf-Dechandt, Fachbereichsleiterin Freiwilliges Soziales Engagement.
Zur Sicherheit von Freiwilligen, Auszubildenden und Praktikant*innen gelten prinzipiell dieselben Hygieneregeln wie für das sonstige Personal. Auch Schutzausrüstung wie Handschuhe, Masken und Schutzkleidung steht in gleichem Maße zur Verfügung. Für die Freiwilligen ist die Teilnahmepflicht an Seminaren beim DRK zurzeit lockerer geregelt. „Personen, die einer Risikogruppe angehören oder eine Vorerkrankung haben, müssen nicht an Seminaren im Freiwilligendienst teilnehmen“, sagt Sprecher Kai Kranich. Derzeit werde daran gearbeitet, mehr Onlineangebote für die Seminararbeit zu machen.
Die Diakonie hat die Seminartage der Freiwilligendienste bereits vollständig auf digital umgestellt. „Auch die obligatorischen Einsatzstellenbesuche vor Ort haben wir in ausführliche Telefonate umgewandelt, damit wir Reisetätigkeiten durchs Land möglichst gering halten“, gibt Susanne Wolf-Dechandt Auskunft. Gehört ein*e Freiwillige*r zu einer Risikogruppe oder lebt mit einer Person aus einer Risikogruppe zusammen, wird in der Diakonie überlegt, wie eine Ansteckung mit Corona verhindert werden kann. Möglich ist, die Einrichtung zu wechseln, eine Freistellung, eine vorzeitige Beendigung des Dienstes und die Veränderung der Tätigkeiten innerhalb derselben Einrichtung, sodass weniger Personenkontakt besteht. Außerdem ist Susanne Wolf-Dechandt kein Fall bekannt, in dem Freiwillige bei der Versorgung von Covid-19-Patient*innen eingesetzt wurden. „Ich kenne unsere Eisatzstellen so, dass sie Freiwillige in der Versorgung von Risikopatienten auch nicht einsetzen würden.“
An den Berufsschulen gelten die Allgemeinverfügungen des Staatsministeriums für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dazu gehört, dass sowohl der theoretische als auch der fachpraktische Unterricht in Kleingruppen stattfindet und Lernaufträge zu Hause erfüllt werden können. In der HBK-Schule stehen ebenso wie auf den Stationen laut Sprecherin Schubert Desinfektionsmittel, Mund-Nasen-Schutze und Hygienehandschuhe zur Verfügung. Hinzu kommen Pandemieregeln durch die Schulleitung: „So wurde zum Beispiel das Lehrerteam in zwei Gruppen geteilt, Praxisbegleitungen auf Stationen untersagt und alle außerschulischen Aktivitäten auf Null reduziert“, teilt Schubert mit.
(Stand: September 2020)